FTIR / Raman Spektroskopie
Spektrale Fingerabdrücke von Proteinen
Abb. 1: Streckschwingung des Wassermoleküls
Abb. 2: Biegeschwingung des Wassermoleküls
Grundlagen der Vibrationsspektroskopie
Um die Grundlagen der Vibrationsspektroskopie zu verstehen, kann man sich, jedes Molekül als eine Ansammlung aus mehreren Kugeln (den Atomen) und verbindenden, elastischen Federn (den Atombindungen) vorstellen. Entlang jeder Feder können die verbundenen Kugeln schwingen. Die jeweiligen Schwingungen sind von der Feder, den beteiligten Kugeln und dem Winkel zwischen den Federn abhängig und hoch charakteristisch. Die resultierenden Schwingungs-Spektren können im infraroten Spektralbereich in Absorption und mit der Raman-Spektroskopie in Streuung gemessen werden.
Im Gegensatz zu diesem klassischen Model (Kugel-Feder) werden im quantenmechanischen Model diskrete Vibrationsniveaus angeregt. Daher spricht man auch von Vibrationsspektren. In der obigen Abbildung sind die Streckschwingung und Biegeschwingung des Wassermoleküls und die beiden resultierenden IR-Absorptionsbanden gezeigt. Diese beiden Banden sind charakteristisch für ein Wassermolekül. Die resultierenden Spektren sind also charakteristisch für das jeweilige Molekül und vergleichbar mit Fingerabdrücken, anhand derer die Moleküle Label-frei identifiziert werden können.
Molekulare Auflösung bei Proteinen
Bei kleinen Molekülen kann man die einzelnen Banden eindeutig den jeweiligen Schwingungen des Moleküls zuordnen. Bei Proteinen kann man mit Hilfe der FTIR-(Fourier-Transform-Infrarot)-Differenzspektroskopie die Banden des aktiven Zentrums aus der Hintergrundabsorption des Gesamtproteins selektieren (129). Die statische FTIR-Differenzspektroskopie wurde von Siebert, Mäntele und Gerwert 1983 (2) eingeführt. Dabei wird ein Intermediat bei tiefen Temperaturen eingefroren. Die einzelnen Differenzbanden konnten zum ersten Mal eindeutig spezifischen molekularen Gruppen, wie Asparaginsäuren mit Hilfe der Isotopenmarkierung (3,8), oder noch präziser, einer einzelnen Asparaginsäure mit Hilfe ortspezifischer Mutagenese (19), zugeordnet werden.
Dies war der entscheidende Durchbruch der Methode, die anfänglich sehr kritisch gesehen wurde, weil nur sehr kleine Änderungen vor der starken Hintergrundabsorption des gesamten Proteins selektiert werden, ähnlich einer Nadel im Heuhaufen. Ein wichtiger nächster Meilenstein war die Etablierung der zeitaufgelösten FTIR-Differenzspektroskopie, die es erlaubt, zeitaufgelöst simultan die verschiedenen Reaktionen in einem Protein bei Raumtemperatur und damit die Proteindynamik zu messen (13, 14, 18, 20). Basierend auf der zeitaufgelösten FTIR-Spektroskopie ist es nun möglich, komplementär zur Röntgenstrukturanalyse, die statische Bilder des Grundzustands liefert, Filme der Proteindynamik zu erstellen. Das präzise simultane Starten der Proteinreaktionen ist bei der Differenzspektroskopie entscheidend. Daher ist diese Methode besonders gut für Proteine mit Chromophoren geeignet, weil die Reaktion in diesen Fällen mit einem Laserblitz gestartet werden kann (105, 158). Durch Einführung von photolabilen, sogenannten „caged“-compounds, wie caged GTP, konnte die Methode auf nicht-chromophore Proteine erweitert werden (59, 169).
Abb. 3: Michelson-Interferometer eines Agilent Cary 620 FTIR Spektrometers.
Gewebs- und Zelldiagnostik
Bei Zellen und Gewebe überlappen so viele Banden der Proteine, der DNA und RNA, der Lipide und weiterer Metaboliten im Spektrum, dass man einzelne Banden nicht mehr spezifisch zuordnen kann. Die Spektren bilden aber einen Fingerabdruck, der integral die Gesamtheit dieser Moleküle reflektiert und der sich je nach Zellkompartiment oder Gewebeart unterscheidet. Werden mit Hilfe eines Mikroskops die Spektren ortsaufgelöst aufgenommen und den verschiedenen Spektren dann ortsaufgelöst verschiedene Farben zugeordnet, erhält man ein Label-freies Index-Farben-Bild der Zelle oder des Gewebes. Bei dieser Mustererkennung spielt die bioinformatische Auswertung mit unüberwachten und überwachten Klassifizierern eine zentrale Rolle. Die verschiedenen Farben unterscheiden dann verschiedene molekulare Bereiche. Mit Hilfe der IR-(Infrarot)(148)-, Raman-(152), CARS-(Coherent Anti-Stokes Raman) (195)- und SRS-(stimulated Raman scattering)-Mikroskopie können somit Gewebe und Zellen Label-frei klassifiziert werden.
Abb. 4: Das IR-Absorptionsspektrum ist so charakteristisch für die Identifizierung eines Proteins wie der menschliche Fingerabdruck
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111.08.03.05-133974
Validierung und Standardisierung des Workflows zur Proteindiagnostik
PURE – Protein Research Unit Ruhr within Europe
Center for Vibrational Microscopy –
Aufbau einer unternehmensorientierten Transferplattform für vibrationsspektroskopische Methoden zur Analyse von Wirkstoffen und zur Früherkennung von Krankheiten
Schlüsselpublikationen
Schlüsselpublikationen
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Yosef et al Analytical Chemistry 2017
Kötting & Gerwert Biological Chemistry 2015
Gerwert et al BBA Bioenergetics 2013
Kallenbach-Thieltges et al Journal of Biophotonics 2013
Gerwert & Kötting European Journal of Biochemistry 2010
Garczarek & Gerwert Nature 2006
Cepus et al Methods in Enzymology 1998
Gerwert et al FEBS Letters 1990
Gerwert & Hess Mikrochimica Acta 1988
Gerwert Berichte der Bunsengesellschaft für Physikalische Chemie 1988
Gerwert et al Photochemistry and Photobiology 1984